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Unbekannter Künstler vor 1848

Sophia Dorothea Friederike Krüger

1789–1848, Freiheitskämpferin

Die »Jeanne d’Arc« von Mecklenburg

Mit klopfendem Herzen lauschte Friederike Krüger in die Stille. Beim elften Glockenschlag stand sie leise auf. Nur kurz zögerte sie, dann griff sie zur Schere und schnitt die langen Haare ab. Danach schlüpfte sie in die Männerkleidung, die sie in ihrer Kammer seit Wochen heimlich genäht hatte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Es war die Nacht zum 21. März 1813.

Ich habe mich ordentlich gehalten unter den Mannsleuten.

Biografie

1789
Geburt am 4. Oktober als Tochter des Kleinbauern und ehemaligen Leibeigenen Johann Krüger und seiner Frau Regina Maria in Friedland/Mecklenburg
1812
Beginn einer Schneiderinnenlehre bei der Anklamer Familie Lemcke
1813
Rekrutierung als »August Lübeck« und Eintritt in das Königlich-Preußische 9. Infanterie-Regiment (Kolberger Regiment)
1813
Schwere Verwundung in der Schlacht bei Dennewitz am 6. September. Aufdeckung ihrer wahren Identität. Erlaubnis zum Verbleib in der Truppe durch König Friedrich Wilhelm III. Ernennung zum Unteroffizier. Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz.
1814
Einzug mit den Alliiertentruppen in Paris
1815
Abschied vom preußischen Heer nach Napoleons endgültiger Niederlage
1816
Hochzeit mit dem Unteroffizier Karl Köhler in der Berliner Garnisonskirche am 5. März. Umzug nach Lychen/Uckermark. Geburt vierer Kinder im Laufe der Ehe.
1841
Umzug nach Templin/Brandenburg
1848
Friederike Krüger-Köhler stirbt am 31. Mai und wird auf dem St.-Georgen-Friedhof in Templin beigesetzt.

Unbekannter Künstler vor 1848

Aufopferung fürs Vaterland

Die junge Frau schlich aus dem Haus ihrer Lehrherrin, der Schneiderin Lemcke, über den Hof zum Tor hinaus. Eilig durchquerte sie die menschenleeren Gassen von Anklam. Vor ihr lag ein langer Weg: In Jasenitz am Oderhaff sammelten sich die begeisterten Freiwilligen zum Kampf gegen das Heer Napoleons. Von einem Sieg gegen die Franzosen erhofften sie sich auch einen deutschen Nationalstaat und mehr Freiheiten. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) hatte alle Untertanen aufgerufen, Opfer zu bringen: die Männer im Kampf, die Frauen mit der Spende ihres Schmuckes. Da sie, die einfache Landarbeitertochter, keinen »Schmuck und Putz« für den Befreiungskrieg habe opfern können, sei nur geblieben, selbst in die Schlacht gegen den Despoten zu ziehen, schrieb Friederike später.

Der Schritt der 23-Jährigen, mit ihrem bisherigen Leben zu brechen und inkognito an der Seite von Männern ihr Leben zu riskieren, war für die damalige Zeit ungeheuerlich. Aber sie selbst hatte bereits schlimme Erfahrungen machen müssen: Rund 70.000 französische Soldaten waren durch ihren Heimatort Friedland in Mecklenburg gezogen. Sie habe die »Bedrückungen und Schändlichkeiten« der Besatzer erleben müssen. »(Ich) lernte in meinem elterlichen Hause ihre Habsucht und Tyrannei kennen.«

Als Rekrut im Heer

Mühsam war der Weg nach Jasenitz, mehr als 80 Kilometer musste sie zurücklegen, bis sie am Ort der Rekrutierung anlangte. Mit viel Glück flog ihre Verkleidung als »August Lübeck« bei der Registrierung nicht auf. Für eine medizinische Untersuchung war in der Eile keine Zeit. Die Freiwilligen wurden nur gefragt, ob sie gesund seien. Dann wurden ihnen ein Mantel, Montierstücke, ein Gewehr und eine Patronentasche mit Munition ausgehändigt. So gelang es Friederike, in das Kolberger Infanterie-Regiment aufgenommen zu werden. Zwar entdeckten bald einige Soldaten, dass sich unter der Uniform eine junge Frau verbarg, aber sie verrieten sie nicht. Ihr Respekt vor dem Kampfesmut ihres vermeintlichen Kameraden »August« wuchs mit jedem Scharmützel, jeder Schlacht.

Brenzlig wurde es für Friederike erst, als auch ihr Vorgesetzter sie als Frau erkannte und zum Befehlshaber, General Karl Heinrich von Borstell (1773–1844), schickte. Der stellte sie zur Rede. Doch ihre wilde Entschlossenheit beeindruckte den General so sehr, dass er »Augusts« Verbleib im Regiment duldete. Vorher nahm er ihr das Versprechen ab, weiterhin eine »untadelhafteste sittsamste Aufführung« zu zeigen.

Endgültig enttarnt wurde die »preußische Jeanne d’Arc«, nachdem sie in der Schlacht von Dennewitz am 6. September 1813 schwer verwundet wurde. Als ihre Uniform im Lazarett aufgeschnitten wurde, um ihre Wunden zu versorgen, ließ sich das Geheimnis nicht mehr bewahren. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Regiment. Auch der preußische König wurde unterrichtet. Doch auch dem Monarchen imponierte der Mut der jungen Frau so sehr, dass er selbst Grenzen überschritt. Er erlaubte ihr, weiter im Heer zu dienen. Aber nicht länger als Mann, sondern als Frau unter ihrem richtigen Namen. Spätestens jetzt war Friederike Krüger eine Berühmtheit.

Die Schlacht bei Dennewitz - Alamy Pictures
Friederike Krügers Grab in Templin - Tourismus-Marketing Templin

Ein zweites Leben

Bis zur endgültigen Niederlage Napoleons bei Waterloo am 18. Juni 1815 nahm Friederike Krüger an 17 Schlachten teil. Sie wurde 1813 zum Gefreiten ernannt, wenige Monate später zum einzigen weiblichen Unteroffizier der preußischen Armee befördert. Sie erhielt das preußische Eiserne Kreuz und die Kriegsgedenkmünze sowie vom russischen Zaren Alexander I. (1777–1825) den St.-Georgs-Orden. Als Friederike im selben Jahr ihren Abschied aus der Armee nahm, war sie eine hochdekorierte Soldatin.

Im Januar 1816 lernte sie den Unteroffizier Karl Köhler kennen. Das Paar heiratete am 5. März 1816 in Anwesenheit des Preußischen Kriegsministers Hermann von Boyen (1771–1848) in der Berliner Garnisonskirche. Vom König erhielt Friederike eine großzügige Aussteuer. Die Köhlers zogen ins idyllische Lychen in der Uckermark. Dorthin war Friederikes Mann als Steuer- und Grenzaufseher berufen worden. Später wurde Karl zum Obergrenzkontrolleur befördert. Zum Haushalt steuerte auch Friederike bei, denn es waren ihr vom König 72 Taler und vom Großherzog von Mecklenburg-Strelitz weitere 50 Taler Jahresrente auf Lebenszeit zuerkannt worden.

Die beiden Unteroffiziere bekamen vier Kinder: Georgine, für die der Großherzog die Patenschaft übernahm. Es folgten Sohn Friedrich Wilhelm, eine weitere Tochter, die mit nur einem Jahr starb, und Sohn Ulrich. 1841 zog das Ehepaar nach Templin.
Hier erlag Friederike Krüger am 31. Mai 1848 einer tödlichen Krankheit. Eine große Trauergemeinde begleitete sie auf ihrem letzten Weg. Karl folgte seiner Frau drei Jahre später ins Grab. Die Ruhestätte mit ihrem schwarzen Grabkreuz ist heute noch in Templin zu sehen.

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